Compliance: Liebesbeziehungen
Compliance Regeln in den USA und in Deutschland
Müssen Regeln für Liebesbeziehungen in Unternehmen definiert werden?
In den Unternehmen, die an der New Yorker Börse gelistet werden, müssen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Verhaltensregeln vorgegeben werden.
Eine Beziehung mit einer dienstlich unterstellten Person kann zu einer Entlassung führen. In einigen Unternehmen in den USA wurde dieser Verhaltenskodex Mitgliedern der Chefetage zum Verhängnis und sie mussten die Unternehmen verlassen.
Der Handelskonzern Wal-Mart scheiterte vor einigen Jahren vor einem deutschen Arbeitsgericht, weil er seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland ein in den USA übliches Beziehungsverbot auferlegen wollte.
Ist so etwas überhaupt rechtskonform und wie werden diese Regeln durchgesetzt?
Compliance: Liebesbeziehungen und der Verhaltenskodex – Autorin Nicole Biermann-Wehmeyer, Juristin & Compliance Officer
Integration und Historie der Compliance Management Systeme
Für eine Einschätzung benötigen wir ein wenig Hintergrundwissen.
Wie ist ein Compliance Management System aufgebaut? Compliance bzw. Regeltreue (auch Regelkonformität) ist in der betriebswirtschaftlichen Fachsprache der Begriff für die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien.
Die Gesamtheit der Grundsätze und Maßnahmen eines Unternehmens zur Einhaltung bestimmter Regeln und damit zur Vermeidung von Regelverstößen in einem Unternehmen wird als „Compliance Management System“ bezeichnet.
Dieses Regelwerk hat auch eine pragmatische Bedeutung. Das Compliance Management System soll das Unternehmen präventiv vor Fehlverhalten bewahren, das auf Unwissenheit oder Fahrlässigkeit beruht und zu Imageschäden führen kann.
Compliance-Systeme sind Organisationsmaßnahmen, die das rechtmäßige, verantwortungsbewusste und nachhaltige Handeln eines Unternehmens sowie seiner Organe und Mitarbeitenden gewähren sollen.
Ziele sind die Risikominimierung, Effizienzsteigerung und Effektivitätssteigerung.
In den USA haben die Compliance Management Systeme in Unternehmen eine längere historische Entwicklung und Evaluation hinter sich.
Als Fachbegriff hat Compliance in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts Bedeutung erlangt.
Ausgelöst durch die Watergate-Affäre und den Lockheed-Korruptionsskandal erliessen die USA 1977 den U.S. Foreign Corrupt Practices Act (FCPA). Dieser stellte die Bestechung ausländischer Politiker und Beamter durch Unternehmen und deren Mitarbeiter unter Strafe stellen.
In den USA gibt es demnach eine längere Historie und mehr Relevanz, die Themen in Unternehmen bis ins Detail zu regeln.
Insoweit sind auch Regeln, die in das Beziehungsleben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingreifen, in vielen Compliance Management Systemen thematisiert worden.
Compliance: Liebesbeziehungen und Verhaltenskodex in Deutschland
In Deutschland ist die Situation anders zu bewerten. Zwar nimmt man die Bedeutung von Compliance Management Systemen immer ernster. Es gibt jedoch auch eine sehr starke Lobby für die Durchsetzung von Freiheits- und Persönlichkeitsrechten in Unternehmen. Insgesamt verstärken sich jedoch auch die Compliance Regeln in Deutschland.
Ein Blick auf die Historie zeigt, dass der Deutsche Corporate Governance Kodex erstmalig am 26.02.2002 verabschiedet wurde. Die gesetzliche Grundlage für den Corporate Governance Kodex findet sich in § 161 des Aktiengesetzes (AktG). Die Auswirkungen sind in allen Regelungsbereichen der Unternehmen spürbar.
Wie sind nun die Auswirkungen auf Beziehungen am Arbeitsplatz in Deutschland?
Sind private Beziehungen unter Kollegen erlaubt?
Ich beginne mal mit der wichtigsten Nachricht:
Grundsätzlich sind private Beziehungen unter Kollegen erlaubt.
Die rechtliche Grundlage ist das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung. Seien Sie trotzdem vorsichtig!
Der Arbeitgeber hat natürlich immer noch das Recht, dass die Arbeitsleistung vertragsgerecht erbracht wird. Es dürfen demnach keine ständigen Ablenkungen vorkommen, die die Arbeitsprozesse negativ beeinflussen. Insbesondere bei einem Über- Unterordnungsverhältnis des Liebespaares ist stets der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.
Es dürfen somit durch die Beziehungen keine Vor- oder Nachteile für die Beziehungspartner oder andere Mitarbeitende gegeben sein.
Informationspflichten über die Liebesbeziehung
Kann der Arbeitgeber verlangen, dass ich ihn über eine Liebesbeziehung mit einem Kollegen/einer Kollegin informiere?
Eine in den USA teilweise üblich “Meldepflicht” hat vor deutschen Arbeitsgerichten keinen Bestand. Viele Unternehmen integrieren in Ihre Compliance Management Systeme, dass Liebesbeziehungen keinen Einfluss auf geschäftliche Abläufe und Entscheidungen haben dürfen.
Es geht dann nicht nur um Paare innerhalb des Unternehmens, sondern auch um private Verbindungen zu Kunden und Lieferanten. In diesem Zusammenhang ist ein klärendes Gespräch mit der/dem Vorgesetzten oder dem Compliance Officer durchaus sinnvoll, um präventiv einen falschen Eindruck zu vermeiden.
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